Herausforderung Tierschutzhund: Ich bin Lena, 30 Jahre alt, hauptberuflich Kauffrau im Gesundheitswesen, aber nebenberuflich in der Ausbildung zur Tierpsychologin. Mein Piccolo ist ein Tierschutzhund aus Griechenland und manchmal eine echte Herausforderung – aber ich liebe ihn total. Vielleicht gerade, weil wir zusammen so viel lernen (müssen)? In dieser Artikelreihe bei Leckermeister möchte ich euch mitnehmen auf unseren Weg – von meiner Entscheidung für einen Tierschutzhund über Einreise, Kennenlernen bis zu unserem nicht ganz einfachen Alltag.

Beim letzten Mal habe ich euch von Piccolos Ernährung und seinem seltsamen Fressverhalten erzählt. Heute geht es um seine Angst vor Menschen - aber nicht vor allen, nicht immer und nicht überall!  Vorab: Ich verstehe Piccolo oft selbst nicht, und meine einzige Frage an ihn wäre: "Was ist eigentlich dein Problem, und wie kann ich dir helfen?“ Aber damit bin ich halt leider oft  überfragt - egal wie viele Tierpsychologie-Lehrblätter ich auch lese und wie viele Leute ich auch frage!

Wie ihr ja mittlerweile wisst, ist Piccolo sehr ängstlich. Aber auch ein kleiner Simulant! Es gibt eigentlich nur zwei Menschen, bei denen er sich uneingeschränkt freut, sie zu sehen - das sind Pia (die Besitzerin seiner Hundefreundin Ella) und ich. Zum Glück! Aber er trifft ja häufiger auch einige Freundinnen von mir. Manchmal hat er dabei überhaupt keine Angst, und dann guckt er wieder so, als würden ihm gleich vor Panik die Augen aus dem Kopf fallen.

 
Mal entspannt gähnend, mal misstrauisch guckend, wer da wohl sonst noch rumläuft: Verstehe jemand diesen Hund!

Ich war mit einer Freundin, Michi, letztes Jahr zusammen fünf Tage in Holland am Meer. Dort in der Ferienwohnung blieb Piccolo nur auf meinem Bett oder in seinem Korb liegen, bloss nicht wegwagen aus der Sicherheitszone. Am Strand aber spielte er mit Michi, rannte zur ihr und tobte - total süß. Eines abends lag Piccolo dann aber in dem Bett von Michi und blieb dort auch die ganze Nacht bei ihr. Da dachte ich natürlich: „Genial, das Eis ist gebrochen“! Nöööööö, war es nicht. Am nächsten Morgen starrte Piccolo Michi an, als ob er sie nicht kennt und macht in der Wohnung wieder einen Riesenbogen um sie. Wieso? Gute Frage, nächste Frage...

Eine andere Freundin, Jessi, hatte Piccolo seinerzeit nach dem Transport mir mir abgeholt. Und sie hat sich auch manchmal, wenn ich arbeiten war, um ihn gekümmert. Mittlerweile betrachtet Piccolo sie als „ok“ (scheint mir), aber Zuneigung sieht anders aus. Jedenfalls geht er nicht von selbst zu ihr oder nimmt gar Leckerchen. 

Tscha, und dann habe ich Freitag meinen Geburtstag gefeiert. Piccolo hätte eigentlich im Schlafzimmer liegen bleiben können als Rückziehort - so macht er das meistens. Aber er kam rüber ins Wohnzimmer, als Pia kam, in der Hoffnung Ella ist dabei, war sie aber nicht. Er ist trotzdem dort geblieben und hat sich dort auf seine Decke gelegt, auch als nachher insgesamt 12 (fremde!) Leute da waren. Am Ende saß er zwischen Michi und Jessi, und döste dort völlig entspannt vor sich hin. Wieso ging das in dem Moment???

Auch auf seinem Freilauf freut er sich mittlerweile über mehrere Menschen. Aber dort bekommt er auch ganz schön viele Leckerchen, wird gekrault und lernt sogar Tricks. Zuhause führt er die dann natürlich nicht aus und ignoriert die Kommandos. Manchmal frage ich mich, wo genau jetzt der Unterschied ist zwischen Freilauf, Zuhause und "normal draußen" ... 

Was die "Geselligkeit" von Hunden angeht: Ich lerne gerade auf die harte Tour, dass man wohl seinen Hund und seine Eigenschaften ein Stück weit einfach akzeptieren muss. Letzte Tage habe ich in einer  Facebook-Gruppe gelesen  “Mein Hund schläft woanders nur, steht nicht auf und will nicht spielen”. Ich denke, nicht jeder Hund muss sich über Menschen und alles was dazu gehört, freuen. Ich mag ja auch nicht jeden ;-) 

Diese Folgen „Herausforderung Tierschutzhund“ sind bereits erschienen:

• Wieso ich einen Tierschutzhund aus dem Ausland adoptieren möchte
• Wie man eine seriöse Vermittlung für Tierschutzhunde aus dem Ausland erkennt
• Wie ich meinen Piccolo im Internet entdeckte
• Wie der Hundetransport nach Deutschland ablief
• Wie die Übergabe ablief und wie ich Piccolo das erste Mal sah
• Piccolos erste Tage bei mir zuhause - und das Gassigeh-Problem
• Piccolo und seine Ängste - Alleinbleiben gehört nicht dazu
• Fremde Welten - ein Angsthund im Urlaub in neuer Umgebung
• Die Hundeliebe zwischen Piccolo und Ella
• Die kleine Freiheit im großen Freilauf
• Piccolos Flucht mit tiefgreifenden Folgen
• Leineziehen und Angst beim Gassigehen
• Seltsames Fressverhalten: Wenn auch Leckerchen nicht locken