Hunde-Blog

Tierschutzhund: Piccolo und sein Angstproblem

von Tina Drews - 5 Nov, 2021

Herausforderung Tierschutzhund: Ich bin Lena, 30 Jahre alt, hauptberuflich Kauffrau im Gesundheitswesen, aber nebenberuflich in der Ausbildung zur Tierpsychologin. Mein Piccolo ist ein Tierschutzhund aus Griechenland und manchmal eine echte Herausforderung – aber ich liebe ihn total. Vielleicht gerade, weil wir zusammen so viel lernen (müssen)? In dieser Artikelreihe bei Leckermeister möchte ich euch mitnehmen auf unseren Weg – von meiner Entscheidung für einen Tierschutzhund über Einreise, Kennenlernen bis zu unserem nicht ganz einfachen Alltag.

Heute erzähle ich euch die Geschichte von Piccolo und seinen ersten Tagen / Wochen weiter, in der letzten Story hatte ich euch von seiner Ankunft und den ersten zwei Tagen berichtet. Trotz des Problems, dass er einfach nicht spazieren gehen wollte (vor allem nicht bei mir an der Straße), war das Eis zwischen Piccolo und mir gebrochen, es war einfach Liebe.

Nach zwei Tagen habe ich zum ersten Mal versucht, Piccolo allein zu lassen - natürlich unter "sicheren" Bedingungen. Über eine Handyverbindung konnte ich ihn hören - eine Kamera war außerdem bestellt, aber noch nicht eingetroffen. Ich bin dann einfach ein, zwei Stunden weg gegangen - im Keller die Wäsche gemacht, kurz eingekauft. Über die Telefonverbindung habe ich "reingelauscht": Piccolo hat keinen Ton von sich gegeben. Als ich nach Hause kam, lag er einfach da, unverändert und guckte mich an so nach dem Motto „Entschuldigung, was willst du hier? Kann man nicht mal seine Ruhe haben?“ Es war einfach unfassbar - diesmal im positiven Sinne!

Etwas Hintergrundinfo dazu: Man sollte einem Hund immer langsam versuchen, das Alleinsein beizubringen. Beim Verlassen des Hauses ist es hilfreich, großes Abschiednehmen zu vermeiden und sich ganz selbstverständlich zu verhalten - genauso, wenn man wieder nach Hause kommt. So signalisiert man dem Hund: Dies ist eine völlig normale Situation, es passiert nichts Dramatisches. Bei einem wortreichen Abschied oder einem großen Hallo markiert man dagegen Punkte, die dem Hund sagen: Irgendwas ist los.

Piccolo im Auto Piccolo im Körbchen
Kein schönes Bild: So sabberte Piccolo beim Autofahren! Dagegen blieb er allein zuhause total entspannt in seinem Körbchen

Piccolo und Autofahren? Das klappte nun mal gar nicht...

Anders als mit dem Alleinsein kam Piccolo mit dem Autofahren überhaupt nicht klar. Auch da habe ich wieder alles probiert: Eine weiche, offene Kiste, wo er reinkam - mit Kopfkissen, Decke, manchmal mit einem Handtuch  drüber, homöopathische Mittel zur Beruhigung. Es half einfach NICHTS. Ihm war offenbar schlecht, er sabberte schrecklich und ab und zu musste er auch brechen. Es war ziemlich eklig und er tat mir so leid - aber irgendwie musste ich doch mit ihm von A nach B kommen, vor allem, da er sich nach wie vor weigerte, längere Strecken zu laufen. Und sich nach seinem Geschäft regelmäßig als "Totalverweigerer" auf den Boden warf! Irgendwann habe ich angefangen, ihm hinten das Fenster aufzumachen, da es Sommer war und ich dachte, frische Luft tut gut und er kann die Nase mal ausstrecken. Zack, der Hund hörte auf zu sabbern, ein Segen! Ein bis zwei Wochen habe ich das so gemacht - mit offenem Fenster fahren - anschließend klappt es auch mit geschlossenem Fenster. Wieso? Ich habe bis heute keine Ahnung, was da los gewesen ist...

Als ich dann wieder zur Arbeit musste...

Knapp eine Woche nach Piccolos Ankunft ging es für mich wieder zur Arbeit. Eine Freundin hat dann ab mittags auf Piccolo aufgepasst, natürlich bei mir Zuhause. Naja, es war für ihn okay, dass sie da war - aber sie hätte seiner Meinung nach auch gerne gehen können. Er lag einfach nur da, hat sie kritisch angeguckt oder so halb geschlafen. An manchen Tagen wurde Piccolo auch von der Frau meines Vaters abgeholt, das haben wir über einige Monate so gemacht, denn er sollte ja nicht sieben Stunden allein bleiben. Sie haben sich viel Mühe mit ihm gegeben, ihn ganz vorsichtig und liebevoll behandelt. 

ABER: Es erwies sich schnell, dass dieser "Umzug" purer Stress für ihn ist und er mit anderen Menschen nur schwer warm wird. Wenn er bei meinem Papa ist, bekommt er einfach keine Ruhe, da er bei jedem Geräusch erst mal gucken muss, ob ihm nicht doch jemand etwas Böses will. Dagegen liegt er zuhause einfach nur da und schläft - ich habe ja jetzt zuhause die Kamera, wo ich das sehen kann. Die ist immer an, während ich nicht da bin. Ich habe wirklich wirklich lange überlegt, aber zuhause ist es einfach für ihn am besten. Natürlich haben mein Papa und auch eine sehr gute Freundin von mir  einen Schlüssel - sollte ich also verhindert sein und etwas auf der Kamera sehen, kann zur Not immer mal jemand los.

Piccolo und sein Verhältnis zu anderen Hunden

Ich habe schnell gemerkt, dass andere Hunde Piccolo gut tun und das er dadurch auch offener wird. Er lief dann lockerer, hob die Rute und wedelte. In seinem Zuhause, bei mir, möchte er aber keinen zweiten Hund, da ist und bleibt er ein Einzelprinz. Da ich echt überfordert war mit Piccolo (und vor allem dem - nicht möglichen - Spazierengehen) habe ich mich schnell entschlossen, mir die Hilfe einer Hundetrainerin zu suchen. Aber es war ja Corona und niemand durfte ein Training anbieten. Ich habe dann mehrfach einen Bekannten getroffen, dieser hat selbst 5 Hunde, und wir sind öfters mal spazieren gegangen. Dies tat Piccolo am Anfang echt gut - aber irgendwann merkte ich aber, dass Piccolo dieses "große Rudel" doch zu viel wurde. Diese Hunde bellten viel, das schüchterte Piccolo ein und er versteckte sich eher bei mir als dass er Kontakt zu den anderen Hunden suchte.

Über diesen Bekannten lernte ich jedoch aber Pia und ihre Hündin Ella kennen. Ella ist auch ein Auslands-Tierschutzhund  - ein griechischer Straßenhund. Sie gibt Piccolo bis heute so viel Kraft und Mut, ein Herz und eine Seele sind die beiden. Aber dazu erzähle ich euch später noch mehr, auch von Piccolos erstem Urlaub.

Diese Folgen „Herausforderung Tierschutzhund“ sind bereits erschienen: